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Roth auf dem Weg zur Radfahr-Stadt?
„Das Zeitfenster für eine lebenswerte Zukunft trotz Klimakrise schließt sich" titelte DER TAGESSPIEGEL[1] anlässlich der Veröffentlichung des neuesten (sechsten) Sachstandberichts des Weltklimarates (IPCC)[2]. Der Bericht ist in der Tat ein erschreckendes Zeugnis dafür, dass wir nicht mehr von einem „Klimawandel“ sprechen sollten, sondern von einer globalen „Klimakatastrophe“: Schon heute ist fast die Hälfte der Menschheit durch den Klimawandel „hochgradig gefährdet“[1].
Hinweis: Details zu den Quellen für die Aussagen auf dieser Seite sind unter Referenzen zu finden!
Da nützt es auch nichts auf „die in Berlin“ oder „die in Brüssel“ oder sonst wo auf der Welt zu verweisen: Der Kampf gegen die Erderhitzung muss überall stattfinden – auch hier in Roth!
An dieser Stelle geht es darum, was wir auf dem Verkehrssektor tun können. Dieser trägt entscheidend zu der Belastung unserer Atmosphäre bei: Gemäß Bericht des Umweltbundesamtes [3] war der Verkehr im Jahr 2020 für 22,5% der Treibhausgasemissionen in Deutschland verantwortlich. Hinzu kommt noch die enorme Feinstaubbelastung!
Was können / müssen wir hier bei uns tun, um diese Emissionen drastisch zu reduzieren?
Auch wenn es auf den ersten Blick überraschend klingt: Ein wesentlicher Hebel ist das Fahrradfahren! In Summe, so schätzen Experten, ließen sich in Ballungsgebieten bis zu 30 Prozent der Pkw-Fahrten auf den Radverkehr verlagern. Untersuchungen des Umweltbundesamtes belegen eindrucksvoll, dass Radfahren für viele Fahrten klimaschonender, umweltfreundlicher, gesünder, häufig schneller und zudem auch noch preiswerter ist als andere Verkehrsmittel:
Nach Aussagen des Umweltbundesamtes wird das Auto in mehr als 40 % aller Fälle für Fahrten genutzt, die kürzer als 5 km sind. Sie liegen damit in einem Entfernungsbereich, in dem das Fahrrad sogar das schnellste Verkehrsmittel ist. Darüber hinaus sind die CO2-Emissionen von Kraftfahrtzeugen im Kurzstreckenbetrieb besonders hoch, da der Motor im kalten Zustand überproportional viel Kraftstoff verbraucht. Zudem ist Fahrradfahren
(alle Angaben gemäß Umweltbundesamt [4]) |
Mit anderen Worten: Fahrradfahren bietet ein riesiges Potenzial für den Klima-, Umwelt- und Gesundheitsschutz. Wohlgemerkt: Es geht hier nicht (nur) um das Freizeitradeln, sondern vor allem darum, dass Fahrrad verstärkt im Alltag und als Ersatz für das Auto zu nutzen. Wie schaffen wir es also, dass möglichst viele Bürger*innen für Entfernungen bis 5 km (oder auch darüber hinaus) das Auto stehen lassen und mit dem Fahrrad fahren?
Sicherheitsgefühl sehr wichtig für den Umstieg aufs Rad
Aus vielen Gesprächen und Untersuchungen ist bekannt, dass für viele Menschen das Sicherheitsgefühl extrem wichtig ist, um sich für den Wechsel aufs Fahrrad zu entscheiden: Wie sicher fühle ich mich, wenn ich mit dem Rad unterwegs bin? Kann ich mich auch als älterer Mensch noch sicher mit dem Fahrrad auf unseren Straßen fortbewegen? Wie komme ich ungefährdet mit kleinen Kindern auf dem Fahrrad in und durch die Stadt?
Dass wir bei all diesen Fragen in Roth Verbesserungspotenzial haben, zeigt auch der Fahrradklima-Test 2022 des ADFC: Auf die Frage „Bei uns fühlt man sich als Radfahrer*in sicher bzw. gefährdet“ vergaben die teilnehmenden Rother*innen eine „Schulnote“ von 4,6 – das ist noch um 0,4 schlechter als der Bundesdurchschnitt. Deutlich mehr als die Hälfte der Befragten vergaben sogar ein "mangelhaft" bzw. „ungenügend“ (diese und die folgenden Angaben stammen aus der Auswertung des ADFC Fahrrad-Klimatests 2022 für Roth(5)). Mehr als 80% fühlen sich auf der Fahrbahn von den Autos bedrängt und mehr oder weniger behindert (Schulnoten 4 bis 6). Leider haben sich die Werte gegenüber der letzten Umfrage von 2020 sogar noch verschlechtert. Auf der anderen Seite stehen bei den Befragten das „Sicherheitsgefühl“ ganz oben in Bezug auf die Wichtigkeit: 94% sehen dieses Themen als „wichtig“ oder „eher wichtig“ an. Bei „Konfliktfreiheit zwischen Radverkehr und Autoverkehr“ sind es sogar glatte 100%!
Diesem Bedürfnis werden wir – wie auch viele andere Städte in Deutschland – nur gerecht werden können, wenn wir dem Fußgänger- und Radverkehr einen deutlich höheren Stellenwert gegenüber dem Auto geben. Beispielhaft bedeutet dies:
- Reduzierung der Geschwindigkeit innerorts auf gemeinsam genutzten Straßen: Wenn Radelnde von einem PKW oder LKW mit 50 km/h (und häufig noch mit zu geringem Seitenabstand) überholt werden, so fühlen sie sich in keiner Weise sicher. Maximal ist hier Tempo 30 akzeptabel.
- Verzicht auf Parkplätze an den Straßenrändern zugunsten von Radwegen, wo immer dies sinnvoll ist
- Einführung von erweiterten Fahrradaufstellflächen an Stopp-Stellen (z.B. Ampeln)
- Einführung von Fahrradstraßen mit stark eingeschränktem Autoverkehr
Hinzu kommt noch, dass in Roth die Erreichbarkeit des Stadtzentrums deutlich (mehr als eine Schulnote) schlechter bewertet wurde im Vergleich zu anderen Städten der gleichen Ortsgrößenklasse. Das bedeutet, dass wir aus allen Himmelsrichtungen und insbesondere entlang der Haupt-Einfallstraßen ins Rother Zentrum (Münchener / Nürnberger / Allersberger / Hilpoltsteiner Straße) akzeptable Radwege schaffen müssen.
Das bedeutet: Eine echte Mobilitätswende schaffen wir nur, wenn wir gemeinsam eine Akzeptanz für eine bessere Radinfrastruktur schaffen - auch zu Lasten des Autoverkehrs!
Natürlich sind noch eine Reihe weiterer Faktoren wichtig, um das Fahrrad als Alltags-Verkehrsmittel zu etablieren. Dazu gehören beispielsweise:
- Wegfall der Ampel-Bedarfsschaltungen für den Fuß-/Radverkehr
- Sichere Abstellmöglichkeiten für Fahrräder
- Lademöglichkeiten für E-Bikes
- Komfortable Fahrradverleihsysteme (auch für Lastenfahrräder)
- Gute Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr
[1] [2] [3] [4] [5] Details zu den Quellen für die Aussagen auf dieser Seite sind unter Referenzen zu finden! |